Dienstag, 18. November 2008

Steal with pride

Hier in Berlin findet man entlang der Kantstraße viele chinesische Importgeschäfte, die Möbel und Kunsthandwerk aus China anbieten, zu unglaublich günstigen Preisen. Es gibt auch Bilder, handgemalt in Öl auf Leinwand, wie zum Beispiel diese hier, von 28 Euro auf 9 Euro heruntergesetzt.


Wer ein großes Bild im Mao-Stil möchte wird ebenfalls für unter hundert Euro fündig. Und gerade von 68 auf 38 Euro runtergesetzt : Bilder à la Yue Minjun. Die grinsenden Figuren dieses zeitgenössischen chinesischen Künstlers sind ja inzwischen weltbekannt und offenbar auch hier gefragt.

In diesem Spiegel-Artikel und bei chinamaler.de werden die Hintergründe erläutert. Das Kopieren von Bildern ist in China ein eigener Industriezweig, im Künstlerdorf Dafen zum Beispiel malen "Fliessbandarbeiter" ohne akademische Ausbildung bis zu tausendmal dasselbe Motiv. Jeder Maler hat eine Farbe und geht damit von Bild zu Bild. Er verdient im Monat vielleicht hundert Euro, pro Kopie manchmal nicht mehr als umgerechnet 30 Cent. Auch für Absolventen von Kunsthochschulen sind solche Malzentren wichtig, sie malen dort aber weniger Bilder und verdienen bis zu tausend Euro im Monat. (Das Ganze noch einmal aus der Sicht eines Künstlers in Dafen bei der Berliner Zeitung. Und viele Fotos aus Dafen in diesem Blog).

Empörung ist hier aus chinesischer Sicht fehl am Platze. Im Gegenteil, der Kopierte sollte stolz sein, als Vorbild zu gelten. Zitat aus diesem Interview: "Den Begriff «geistiges Eigentum» gibt es in der chinesischen Sprache nicht. Der Chinese ist Kollektivist und kann nicht verstehen, dass eine Idee einer privaten Person gehören soll. Wissen ist Kollektivgut und soll dazu dienen, die Gesellschaft insgesamt voranzubringen". Das erinnert mich an den Slogan "Steal with pride", nach dem auch in der hiesigen Wirtschaft gern verfahren wird, wie mir ein Banker berichtete. Ich fand es befremdlich.

Kaum ist dieser Blogpost fertig, finde ich beim Berliner Maler Edward B. Gordon, daß auch er nun schon als Chinakopie angeboten wird - unglaublich, so eine rasante Entwicklung.


Paintings from China for a few Euro - there is a whole industry, e.g. in Dafen village, speed-painting for customers in the whole world.

2 Kommentare:

  1. ich glaube das ist wohl alles aufgrund einer sprachlichen Fehlinterpretation entstanden. Für uns ist "copy right" der Schutz vor Kopien, für andere aber wohl eher die so wörtliche Übersetzung das "recht haben zu kopieren" ha ha ha, aber ein gutes hat es ja doch, ich bin auf diesen wunderbaren blog aufmerksam geworden, vielen herzlichen Dank dafür !

    alles gute,

    Edward

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  2. Ich danke auch für a painting a day und schaue immer wieder gern vorbei.

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